7 Tage Tschechien mit dem Camper

Eine Einladung nach Sand am Main hat uns durch Tschechien „anreisen“ lassen. Alles klar, das macht keinen Sinn, werden viele sagen, aber wenn man einen Camper und eine Woche Zeit hat, dann macht das wohl Sinn, wie man sieht.

Wir hatten keine Erwartungen, selbst meine Wurzeln nach Brünn, der Geburtsstadt meiner Oma, hatten mich noch nie in die Gegend gezogen, aber da „Prag“ anscheinend grad recht „in“ ist, hatten wir das so entschieden. Und ich hatte „Kopf frei kriegen“ gerade echt bitter nötig.

Ohne Vorfreude und mit dem halben Kopf beim „ZuHause-bleiben“ fuhren wir los. Und dann – ja, liegt es am Camper, an unserem „Steina“, an seinen uralten Geräuschen, dem „backtotheroots“-feeling? – dann haben wir es ab der ersten Minute genossen.

Abgesehen von dem einfachen Leben, das wir dabei genießen, die Freiheit, die wir spüren, sind wir mittlerweile ein echt eingespieltes Team, sodass wir nicht mehr vor jedem Halt, jedem Campingplatz und jeder Richtung, in die es gehen könnte, bis auf’s Blut streiten 😉 , denn wir genießen beide gemeinsam den Weg, der unser Ziel ist, und das, was er uns anbietet.

Tschechien

Niemals hätte ich gedacht, dass mich dieses Land und seine Menschen so begeistern. Eine wunderbare Naturbelassenheit, ein Gefühl der Ursprünglichkeit, der gemütlichen Einfachheit, überaus freundliche und fröhliche Menschen und eine überwältigende grüne und waldreiche Landschaft hat sich uns geboten. Ich hab sie nicht vermisst, diese strukturierte Moderne, in der wir leben, und hoffe, dass die Tschechen klug sind, gegen den Euro zu stimmen, sollten sie die Gelegenheit dazu bekommen, denn in Tschechien macht der normale Einkauf noch Freude. Fernab vom Tourismus, was mit dem Camper ja so toll möglich ist, bekommt man einen wunderbaren Einblick in das Land und seine Leute.

.. und was uns besonders überrascht hat

Unser VW-T4 fiel als "altes Auto" tatsächlich auf! Unser Vorurteil, in Tschechien würde sich niemand ein tolles Auto leisten können, wurde schnell widerlegt.
Sprit kostet ähnlich wie bei uns, aber Lebensmittel für den täglichen Bedarf, vor allem aber Bier und auch Öffis sind richtig günstig.
Campingplätze kosten halb so viel wie in Österreich (im Schnitt haben wir für Camper und 2 Erwachsene 14€ pro Nacht bezahlt)
Die Häuser sehen ein bisschen aus wie in den 80er-Jahren, es finden sich kaum Pools in den Gärten, welche sehr natürlich und nützlich angelegt sind. Zeitweise hatte ich das Gefühl, dass die Tschechen da etwas klügere Entscheidungen getroffen haben, was Lebens-Prioritäten betrifft.
Etwas, von dem wir zwar wussten, dass es anders war, wir es aber erst nach ein paar Tagen benennen konnten, war die Abwesenheit von Muslimen, dh Menschen mit Burka oder Kopftuch. Das soll jetzt keinesfalls als Wertung angesehen werden, aber es fiel uns tatsächlich auf.

mein Highlight – Veverská Bítyska

Wo bitte soll das sein? Es ist ein kleiner, wirklich SEHR kleiner, Ort, der an der Svratka liegt. Und an diesem Fluß liegt ein Campingplatz, den wir uns rausgesucht hatten. (Ich kann übrigens allen Camping-Hoppern die App „Park4night“ empfehlen. Diese nutzen wir schon jahrelang und haben damit die tollsten Übernachtungsmöglichkeiten gefunden.)

Camping Hana

Als wir ankamen, hing ein Schild mit „full“ am Tor und wir wären beinah verzweifelt, da wir bereits am Vortag Ähnliches erlebt hatte. Nachdem wir uns kurz umgesehen hatten, erschien uns der Platz aber eigentlich ziemlich leer, und da kam auch schon der Betreiber und drehte das Schild um. „Abreisetag“ meinte er zwinkernd, und wir konnten unseren Camper abstellen, wo es uns gefiel.

Und genauso ungezwungen ging es eigentlich weiter. Am Fluss badete von Jung bis Alt alles, manch einer hat sich sogar kurz vorm Baden noch extra seine Zigarette angezündet um mit Abkühlung und Nikotin seinen Feierabend zu genießen. Entlang der Svratka führte ein Radweg in den 1km entfernten Ort und auch Richtung Brünn. Und entlang des Radweges säumten Mirabellen-Bäume den Weg. Ja, und JEDER durfte dort einfach Früchte pflücken. Mit Säcken kamen immer wieder Menschen zum Pflücken. Das könnte man sich bei uns gar nicht mehr vorstellen, denn bei uns gehört doch schließlich alles irgend jemandem bestimmten, und nicht allen…

der tschechische Genießer 😉

Der Ort war wirklich ein Dorf, und die beiden „Restaurants“, die es anscheinend auch gab, hatten nicht geöffnet, aber der Mensch verhungert nicht so schnell, und schon gar nicht im Camper, auch wenn wir in dieser Woche nicht geplant hatten, groß zu kochen.

Das Tollste aber war, dass einige Meter vom Badeplatz bzw. Campingplatz entfernt ein sogenannter „Dampfer“ die Menschen nach Brünn transportierte. Als ich das las, wusste ich sofort, dass ich das machen will. Eine Stunde lang fuhr das Schiff/Boot/Kahn, der Dampfer 😉 die extrem begrünte Svratka entlang, sodass in mir ein wenig Mississippi-Feeling aufkam. Ich geb aber zu, dass ich über eine sehr rege Phantasie verfüge und sehr leicht zu begeistern bin. Soweit ich das beurteilen kann, ist dies eine Art öffentliches Verkehrsmittel, das alle 45 Minuten in beide Richtungen fährt, man ist also auch zeitlich nicht sehr gebunden. Die Fahrt „Hin und Retour“ hat mit dem Fahrrad pro Person 10€ gekostet, was wir als echtes Geschenk empfanden.

Dass wir am Retourweg vier Stationen früher ausgestiegen sind, um den „wunderschönen“ Radweg bei dem herrlichen Wetter zu bestrampeln, war allerdings ein Abenteuer, von dem uns der Campingplatzbetreiber wohlgemerkt aber abgeraten hatte, um ehrlich zu sein ,) Schmaler Weg an steil abfallendem Gelände mit teils grobem Fels und dornigem Gestrüpp gaben ihm recht. Belohnt wurden wir für unseren Abenteuersinn damit, dass sich das plötzlich androhende Gewitter so lange zurückgehalten hat, bis wir bei unserem Camper angekommen waren 😉

Brünn

Brünn hat uns etwas enttäuscht, denn wir konnten dieser Stadt nichts abgewinnen und auch kein „gewisses Flair“ erkennen. Nicht umsonst wurde uns diese Stadt von Tschechen nicht empfohlen. Mit dem Rad waren die Sehenswürdigkeit schnell abgeradelt, die Jakobskirche wurde gerade renoviert und der Krautmarkt samt Altstadt sehr überschaubar.

Café Momenta

Auf jeden Fall aber hat uns dieses Café nicht enttäuscht. Bei meiner Internetrecherche zu Brünn war mir dieses Café mehrmals aufgefallen. Mit äußerst gemütlichen Sitzgelegenheiten im Freien bietet es neben französischen Köstlichkeiten auch Herzhaftes, leckere Limonaden und unterschiedlichste Kaffee-Zubereitungen an. Dies alles aber zu sehr europäischen Preisen. Dennoch eine klare Empfehlung von mir für alle, die gemütliche lecker schlemmen möchten.

Campen im Hochsommer

Auf der Strecke nach Prag musste dann noch ein „Bade“-Aufenthalt her. Ich hatte mich für einen Platz am Velké Dárko entschieden, den MrRight in ersten Moment als sehr enttäuschend empfand. Purismus pur, würde ich sagen. Zähneputzen im Freien, waschen nur mit kaltem Wasser, dasselbe gilt für den Abwasch, aber der frei wählbare Platz direkt am See mit einem herrlichen Sonnenuntergang hat uns für alles entlohnt. Und wer braucht bei 33°C schon warmes Wasser?

Prag

In Prag hatten wir das Glück den letzten freien Platz auf einem Campingplatz an der Moldau zu ergattern. Er liegt auf einer Art Insel und ist ganz nah am Zentrum. Dass es dort nicht leise ist, auch kein Baden und Romantik zu erwarten waren, war uns eigentlich klar. Dass unsere beiden jungen polnischen Nachbarn aber in der Nacht den Rekord im „mit Taschenlampe bewaffnet Autotüre auf- und zumachen“ aufstellen würden, das nicht.

Am Campingplatz hätte es eigentlich ein sehr nettes Bistro mit Blick auf die Moldau gegeben, aber irgendwie hatte das nie so richtig geöffnet, und als wir am Abreisetag dort frühstücken wollten, hat uns der Anblick des Angebotenen schnell nur Kaffee bestellen lassen.

Was uns nicht so klar war, dass wir für eine Städtebesichtigung im Hochsommer nicht geeignet sind 😉 Leider ist Prag auch nicht wirklich zur Besichtigung mit dem Fahrrad geeignet: zu viele Touristen, enge Gässchen und grobes Pflaster haben uns das echt schwer gemacht, weswegen wir am zweiten Tag die Öffis nahmen. Mit umgerechnet 5€ ersteht man ein 24h-Ticket, mit welchem man jedes öffentliche Verkehrsmittel inklusive der kleinen Fähre zu unserer „Insel“ benutzen kann. Prag selber ist bestimmt richtig schön, tolle Kirchen und Gebäude, die Karlsbrücke, die astronomische Uhr, das goldene Gässchen, ja, wir haben das alles gesehen.

Alles perfekt für die Touristen aufbereitet und ein „Baumstriezel“-Laden, reiht sich in einer Regelmäßigkeit an einen Souvenierladen und einen Candy-Shop. Es tut uns auch wahnsinnig leid, aber wir sind einfach nicht diese typischen Touristen und suchen immer nach „dem Besonderen“, „dem Abgelegenen“, „dem Überraschenden, der einen kleinen Kleinigkeit, die einen Ort zu einem besonderen Ort macht. Nicht die berühmten Gebäude, die Museen, die Plätze und Burgen sind es, die wir „sehen“ wollen, sondern

Unser kulinarischer Prag-Tip

Schon öfter hat uns Trip-Advisor einen tollen Geheimtipp als Lokal geliefert und tatsächlich wurden wir auch in Prag nicht enttäuscht. Das Pepr a sul ist UNSER Prag-Highlight. Mit der Metro ist man schnell im 9.Bezirk, danach steht man nach ein paar Schritten vor dem unscheinbaren Lokal. Aber das war es dann auch schon mit „unscheinbar“ 😉 Die Bedienung – äußerst zuvorkommend – blieb immer länger an unserem Tisch als es „Pflicht“ gewesen wäre, entweder um eine Speise zu erklären oder ehrlich danach zu fragen, wie es uns geschmeckt hat. Wir bekamen den letzten freien Tisch im Freien, haben dreigängig richtig lecker gegessen und die Nachspeise der „Altböhmischen Zimtpfannkuchen mit heißen Heidelbeeren und Rahm“ steht bereits auf meiner „Nachkoch-Liste“. Leider war es für ein Foto schon zu finster. Die angebotenen Gerichte würden wir zwar nicht als „rein tschechisch“ beurteilen, aber die Auswahl hat uns auf jeden Fall zufrieden gestellt. Dieses Lokal empfehle ich wirklich von Herzen! Fernab vom Touristenstrom kommen hier Feinschmecker auf ihre Kosten.

Mein Resümee

Ein ungeplanter Spontanurlaub in ein Land, das kaum jemand am Schirm hat, hat sich als DER Geheimtipp schlechthin herausgestellt. „Back to the roots“ nicht nur durch unseren Camper, sondern auch durch das Land, das man bereist, bläst jeden Kopf frei 🙂 Immer wieder gerne.

Eine Antwort zu „7 Tage Tschechien mit dem Camper”.

  1. Eure Reise habe ich ja schon via Instagram verfolgt und es war schön, das hier nochmal in der Zusammenfassung zu lesen. Prag und Tschechien stehen auch noch auf unserer To-see-Liste, aber wenn ich das so lese, bin ich plötzlich nicht mehr so sicher! Denn auch wir machen eigentlich lieber Urlaub abseits der Massen und brauchen ebenfalls keine Souvenir-Shops zu unserem Glück… 😅
    Mal schauen, ob, wie und wann wir dorthin fahren. 😉

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