Häppy Ours drittes Eigenschaftswort
„leichtsinnig“ war das dritte Eigenschaftswort, das Thom, Rita und ich kulinarisch interpretieren wollten, und ich kann euch sagen, dass dieses meine größte Hürde war. Man könnte etwas servieren, das ganz leicht und luftig ist. Oder man könnte „leichtsinnig“ auf die Umsetzung des Gerichts deuten. Man könnte aber auch den Verzehr des Gerichts für den Gast als „leichtsinnig“ betrachten, indem man etwas sehr Scharfes oder Geschmacksintensives reicht.
erste Gedanken
Meine erste Idee war tatsächlich eine Art „Chilli“ mit Bohnen und sehr scharf, oder aber auch eine Knoblauchsuppe, dessen Verzehr für die Gäste auf jeden Fall „leichtsinnig“ war, wenn sie nach unserem Event vielleicht noch jemanden küssen wollten.
„leichtsinnig“ ist es, etwas aussehen zu lassen, wie etwas, das es gar nicht ist 😉
ich
Dann aber bezog ich „leichtsinnig“ auf mich, und wie sehr ich mich dabei plagen würde, diese Idee tatsächlich auf den Tisch zu bekommen. Ich wollte alle Sinne unserer Gäste „leicht“ irritieren, indem sie etwas vorgesetzt bekommen, von dem sie optisch etwas anderes erwarten. Und ich glaube, dass mir das mit der „Fake Tomate“ à la CAPRESE 3.0 von dem italienischen Chefkoch Salvo Sanfilipo wirklich gelungen. Seine Kreation hab ich ebenfalls in der Gronda-App entdeckt.
die Umsetzung
Knapp einen Monat vor unserem Event startete ich den ersten Versuch. Die Basis war eine Creme aus Burrata, gewürzt mit Basilikumöl und Salz. Da ich kein Basilikumöl hatte, würzte ich einfach mal nach meinem Gefühl, füllte die Creme in eine Silikonform für Kügelchen und schenkte ihnen einen tiefgekühlten Schönheitsschlaf.
Für die wunderschöne tomatenähnliche Außenhülle sollte man laut Rezept Wasser mit passierten Tomaten versetzen und diese mit einem Geliermittel binden, das ich noch nie gehört hatte. Mein erster Versuch mit AgarAgar scheiterte daran, dass die Masse zu schnell eindickte, beim Tunken die gefrorenen Bällchen immer wieder versanken, und schlussendlich unförmige, gar nicht an Cocktailtomaten erinnernden Teilchen vor mir lagen. Geschmacklich waren diese mehr als unzufriedenstellend, da die rötliche Geleehülle nach „gar nichts“ schmeckte. Es wäre sehr „leichtsinnig“ von mir gewesen, diese so zu servieren, was das Eigenschaftswort aber auf jeden Fall getroffen hätte.
Also machte ich mich an den zweiten und dritten Versuch, stellte die Tomatenhülle ohne Wasser nur aus passierten Tomaten her, die ich zuerst wenig würzte und anschließend in Richtung Tomatensuppe. Beides schmeckte mir nicht sonderlich. Ich experimentierte beim Gelieren mit Pektin, mit einer Mischung als AgarAgar und dann doch noch Gelatine, und schaffte es dann „irgendwie“ die Dinger wie Cocktailtomaten aussehen zu lassen. Niemals hätte ich das wiederholen könnten 🤣, aber es war ok. Geschmacklich war ich jetzt aber eher bei Tomatensuppe und nicht mehr bei „Tomate-Mozzarella“, wo ich eigentlich hinwollte.
Was mir fehlte ,war der Basilikumgeschmack, und um den in das Gericht zu bringen, musste ich nun doch Basilikumöl herstellen. Und wenn schon, denn schon, dachte ich, sollte es gleich auch noch grün sein. Das Rezept und die Anleitung für das wortwörtliche „quietschgrüne Balsamikoöl“ findet ihr übrigens HIER. Ich hab es 1:1 genauso gemacht, und es schmeckt einfach unglaublich! So wie im Rezept beschrieben, ist es eine kleine Prozedur, die sich aber definitiv lohnt (ihr könnt ja den Teil mit dem tiefen Schnitt in den Finger auslassen 😉) Ich hab mich übrigens bewusste gegen das Absieben entschieden, weil das Öl diesmal nicht lange halten musste. Wenn ich es wieder herstelle, werde ich die Kräuterbestandteile aussieben.
Lage T-7
Und obwohl mir Thom noch asiatisches AgarAgar besorgt hatte, das anscheinend deutlich bessere Gelierkraft bietet, hab ich mich dann eine Woche vor dem Event doch dazu entschieden, mir das im Rezept genannte Geliermittel „Kappa“ zu organisieren, welches ich tatsächlich bei der „Amazone“ fand. (ob ich dieses „KILO“(!!) zu Lebzeiten verbrauchen werde, steht in den Sternen, aber es wird auf jeden Fall an meine Enkel vererbt 😉)
Einige Tage vor dem Event bereitete ich bereits die Burratacreme, und ich hatte mich entschieden „ganz natürlich“ bei den Aromen zu bleiben. Es sollte auch keine Tomatensuppe, sondern der Geschmack von „Tomate-Mozzarella“ entstehen. Damit 50 Kügelchen gut durchgefroren sind, musste ich damit zeitig beginnen, fertig stellen wollte ich die „Fake Tomaten“ dann am Vortag.
Wir hatten 40 Karten verkauft, das heißt, ich hatte einige gefrorene Bällchen zum Austesten in Reserve und startete doch noch zwei Tage vorher einen Absicherungsversuch. Ich war von passierten Tomaten auf Tomatensaft umgestiegen, um doch noch etwas mehr Tomatengeschmack UND gleichzeitig „Klarheit“ in der roten Optik zu bekommen. Das Gelieren hatte prima geklappt, nachdem ich auch den Tipp des Küchenchefs mit dem Zahnstocher angenommen hatte. (naja, um den Zahnstocher in die gefrorenen Kügelchen zu bekommen, musste man diese kurz antauen – einstechen – UND DANN aber wieder tiefkühlen. Denn, wenn die kleinen Scheißerchen zu warm wurden, flutschten sie beim Tunken sofort vom Zahnstocher – Also jeder, der mich jetzt und zu diesem Zeitpunkt verrückt nennen möchte, soll das bitte gerne tun 😉)
Leider aber, war auch mit dem Tomatensaft der Tomatengeschmack, den ich mir wünschte, nicht erschienen. Guter Rat war teuer, und hatte Thom schon einige Tage vorher von „Tomatenessenz“ gesprochen, so war es nun so weit. Gott sei Dank hatte ich noch genügend Tomaten im Haus und setzte also zwei Abende vor dem Event um 22 Uhr noch eine Tomatenessenz an.
Ja, und DAS war dann das sogenannte Ei des Kolumbus. Die Essenz schmeckt genauso wie ich es mir gewünscht hatte 💛 bloß färbte sie natürlich nicht rot 🤣🤣🤣 Nach einigem Hin- und Her mit passierter Tomate und Tomatensaft hatte ich ENDLICH mit mehrmaligem Tunken und viel Glück (dass nicht alle Bällchen „baden“gegangen waren) auf den Punkt genau 40 perfekte Stück der FakeTomaten – im Original-Rezept CAPRESE 3.0 – die wie kleine Cocktailtomaten aussahen. Herr im Himmel – ich war erleichtert.
Dass mir die Kühlung, über Nacht bis zum Servieren am nächsten Abend, noch zusätzlich Nerven kosten würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht 😉
Caprese 3.0 eine „leichtsinnige“ Punktlandung
Begeisterte und zufriedene Gäste am 06. Mai war alles, was ich mir gewünscht hatte, und das war voll aufgegangen. Ich hatte unseren Moderator gebeten, vor dem Servieren nicht all zu viel über dieses Gericht zu verraten, und so genoss ich den Moment, als alle dachten, sie hätten eine Tomate als Vorspeise erhalten, um dann von etwas doch ganz anderem überrascht zu werden. Sehr „leichtsinnig“ das Ganze 😉
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