Das liebe Vieh

Man sollte sich doch lieber Nudeln, statt Sorgen machen…

So sehr man es sich auch wünscht, Sorgen lassen sich bei Tierhaltung einfach nicht vermeiden. Nie hätte ich (als ehemalige Katzen- und auch Hundehalterin) gedacht, dass auch Hühnerhaltung Tränen hervorrufen kann. Freudentränen wären ja willkommen, aber es waren doch eher viele Kummertränen, die ich seit Mai 2021 vergossen habe. Hab ich in der ersten Zeit gleich mal durch einen Legedarmvorfall die zutrauliche Waltraud verloren, so war auch Rudi, meinem erster Hahn, nur ein kurzes Leben in meiner Hühnerschar vergönnt. Danach hab ich gehofft, durch noch intensivere Beschäftigung mit dem Thema Hühnergesundheit, deren „Überleben“ im Griff zu haben. Die letzen Tage haben aber leider gezeigt, dass man „Leben und Tod“ nicht „im Griff“ haben kann.

Ausschlaggebend war meiner Meinung nach die Metamorphose von Resi (meiner im Juli 21 vom Züchter abgeholten Pieps-Blumenhenne) zu einem wunderschönen Hahn, der fortan Ricky hieß.

Heute denke ich, dass sie/er gewusst hat, dass es besser ist, sein wahres Geschlecht so lange wie möglich geheim zu halten 😉 Ab dem Zeitpunkt, wo es sich nicht mehr verbergen ließ – und es hat tatsächlich fast vier Monate gedauert – hat sich in der Geflügelgruppe leider vieles verändert. Max, mein Haupthahn, fand die plötzliche „Konkurrenz“ gar nicht prickelnd und setzte alles daran, Ricky das Leben schwer zu machen.

Seine intensiven Attacken, ihn am Fressen zu hindern und sein ständiges Hinterherjagen haben dazu geführt, dass sich Ricky oft selbst ins Exil schickte. Er flüchtete flugtechnisch in unseren Garten und verbrachte mit hängenden Federn oft Stunden „wartend und hoffend“ auf der anderen Seite des Geheges vor dem Gatter.

Auch die Hühnerschar, die durch die Geschlechtsumwandlung nun von sieben auf sechs geschrumpft war, fühlte sich von zwei jugendlichen fortpflanzungsfreudigen „Männern“ leicht überfordert und manch eine musste oft auch Federn lassen. Vor allem deren Kopf-Federschopf wurde teilweise schon kahl, da sich ein Hahn beim Tretakt genau dort „festhalten“ muss .

Mir war bewusst, dass eine Entscheidung fällig war. Verzweifelt suchte ich einen Platz für einen meiner Hähne, denn die Reise nach Sibirien war für mich einfach keine Lösung. Doch offensichtlich hatte das Projekt „Bruderhahn“ (das das Ziel hat, dass junge Hahnküken nicht mehr umgebracht werden) die Folge, dass es nun viel mehr Hähne als „Plätze für Hähne“ gibt.

The point of no return

Am Sonntag vor zwei Wochen fanden wir Lotte, die noch am Vortag quietschfidel schien, schwer nach Luft ringend beinahe bewegungslos im Gehege. Sie zeigte keinerlei Erkältungssymptome, wirkte aber vom Gefieder her „gerupft“. Sie ließ sich ohne Gegenwehr hochnehmen, was bei Fluchttieren schon ein sehr schlechtes Zeichen ist. Alle Versuche meinerseits (Massagen usw) konnten ihr Leid nicht lindern, und anstatt ihren Erstickungstod abzuwarten, erlösten wir sie unter Tränen. Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass – was die Hähne betraf – eine Entscheidung herbeigeführt werden MUSSTE, denn es ist bekannt , dass das Verhältnis Hahn:Hennen ca. 1:7 sein sollte. Stress führt bei Hennen zu einem geschwächten Immunsystem, unschönem Federkleid und Unruhe.

Ich hab es mir nicht leicht gemacht und wollte immer noch nicht akzeptieren, dass Schlachtung die einzige Möglichkeit sein sollte. Und tatsächlich wurden meine Wünsche ans Universum erhört und durch Zufall erfuhr ich, dass ein Hof in der Nähe tatsächlich einen Hahn aufnehmen könnte #einmalnachmariazellundzurück 💛

Welcher Hahn muss gehen?

Voller Erleichterung über das „Überleben“ beider Hähne, stand ich jetzt vor der Entscheidung: Welcher Hahn darf bleiben?

Ricky, den ich fast per Hand großgezogen habe, der mittlerweile ein wunderschöner, außergewöhnlicher Blumenhahn geworden war, zutraulich, frech und mutig, der aber keinerlei dringend nötige Hahn-Verhaltensweisen an den Tag legte und von den Hennen nicht akzeptiert wurde?

Oder Max, der ebenfalls wunderschön und stark, aber immer auf der nötigen Distanz zu mir nicht so zutraulich war, seine Aufgaben als Hahn aber extrem vorbildhaft erledigte und von seinen Hennen verehrt und geachtet wurde?

Schlussendlich hab ich mich mit Logik und Vernunft, und gegen all meine emotionale Verbindung, dafür entschieden, Ricky abzugeben #tränenvorprogrammiert

Dass ich – wenn ich will – jeden Tag an Ricky vorbei spazieren kann bzw der Hof , sein neues Zuhause an der Zufahrtsstraße zu unserem Haus liegt, hat es mir auf jeden Fall viel leichter gemacht.

Und dass ich vorgestern ein verletztes Huhn versorgen musste, weil Berti, der egomanische Laufenten-Erpel, die Hühner einfach liebend gern an den Federn zerrt (!!), wenn sie ihm im Weg sind, das ist wiederum eine andere Geschichte u.nd hat einen eigene Platz verdient

Füttern erlaubt

Buy and feed 💛

immer wieder erhalte ich Anfragen, wegen Patenschaften für meine Huhns. Vielen lieben Dank 💛 Max, Paula, Jutta, Daisy, Flora und Rosalinde freuen sich über eine Futterspende 🙏🏻

3,00 €

6 Antworten zu „Das liebe Vieh”.

  1. Hach ja, „Der Doktor und das liebe Vieh“ fällt mir dazu ein. 😁. Ich hab gerade total mit dir gefühlt und natürlich auch bei Insta, als du dort uns auf dem laufenden gehalten hast. Und schau, aller Anfang ist schwer und doch gibt es für Ricky ein tolles neues Zuhause🐓. Und du kannst ihn ja auch besuchen und ihm paar Körnchen mitbringen💞sei lieb gegrüßt und fest gedrückt. Deine Kiki🤗

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    1. Ricky fehlt mir auf jeden Fall sehr, auch wenn ich merke, dass es für die Hühnergemeinde jetzt auf jeden Fall viel angenehmer ist. Aber nachdem wir im Frühling Küken haben möchten, muss ich sowieso lernen, mich zu trennen 😉 Auch dir liebe Grüße 💛

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  2. Du bist die beste Huhns-Mama auf der ganzen Welt! ❤️❤️

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  3. Ganz toll geschrieben, meine Liebe! So viel Freud und Leid beieinander… Und was für eine schwere Entscheidung! Ich denke, Deinen treuen Leser*innen sind die Huhns fast genauso ans Herz gewachsen wie Dir!
    Was mich noch interessieren würde:
    Habt Ihr das geschlachtete Huhn tatsächlich gegessen? 🤔😬

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    1. ach, das hast du aber lieb geschrieben 💛 Danke dir 😘 Und zu deiner Frage: NOCH schaffen wir es nicht, eines unserer Tiere zu essen 🤷🏼‍♀️

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