So war das damals…

Altwiener Marmorkuchen ZUTATEN: 5 Eier 30 dag Feinkristallzucker 125ml Wasser 125ml Öl Zitronenabrieb von 1 Zitrone 1 Pk Backpulver 1 Pk Vanillezucker 30 dag Weizenmehl glatt 10 dag Kochschokolade
1976-1983 sonntags
Als ich so zwischen 6 und 12 Jahre alt war – das sind also die Sonntage, an die ich mich interfamiliär super gut erinnern kann, und an denen ich auch immer am Familienfrühstück teilgenommen habe, gab es bei uns sonntags immer einen Sonntagskuchen zum Frühstück.
Das könnte man sich heute nicht mehr vorstellen. Der Tisch war immer viel schöner gedeckt als während der Woche, es wurde gezuckerte Schlagobers aufgeschlagen (Sahne) und mitten auf unserem runden Esstisch stand das Prachtstück „Sonntagskuchen“. Immer ein Rührkuchen, keine Torte, keine Creme, kein Obst. Fast immer ein Guglhupf, eventuell einmal ein Napfkuchen (kennt das noch wer?), aber es war immer ein Rührkuchen (Marmor, oder Schoko, oder Biskuit)
Wir waren nur zu viert, aber mein Bruder und ich haben schon im Vorfeld gezählt, wieviel Stücke davon jeder essen darf, denn wir haben das geliebt – ein wunderschönes Sonntags-Ritual, genauso wie der Kirchgang, wir gingen jeden Sonntag gemeinsam in die Kirche.
So ist das heute – 2022
Ich könnte mir heute nicht mehr vorstellen, sonntags Kuchen zum Frühstück zu essen. Auch bei unseren Kindern haben wir das nie praktiziert, was natürlich auch an meiner damaligen Back-Unlust liegen könnte, aber generell war Kuchen irgendwann kein Frühstück mehr für mich.
Vielleicht war dieses Sonntagsfrühstück von damals mit Sahne und Kuchen aber auch ein Heile-Welt-Bild für mich. Man implizierte eine glückliche Familie, der Vater ein Schuldirektor, die Mutter eine brave Hausfrau, die Kinder, ein Bub und ein Mädchen, gut erzogen, später am Gymnasium. Wir machten Hausmusik und ich sang im Chor meines Vaters. Die kirchlichen Feiertage waren stets auch ein Familienfest mit Goldhaube, Tracht und Aufmarsch
Aber dann, zerbrach diese Heile Welt. Meine Eltern begannen nachts heftig zu streiten und nicht nur einmal hab ich meine Mutter nachts laut und verzweifelt weinen gehört. Tagsüber ging das Leben weiter und sonntags gab’s Kuchen.
Schlussendlich folgte irgendwann die Scheidung und von der heilen Welt war nur mehr Schutt übrig und die Erinnerung war beschmutzt.
Vielleicht wollte ich deswegen diese Tradition bei meinen Kindern nie fortsetzen.

ALTWIENER MARMORKUCHEN Zubereitung: Die Eier trennen und die Dotter mit der Hälfte vom Zucker schaumig schlagen, während man die Eiklar mit der anderen Hälfte Zucker mit einer Prise Salz zu Schnee schlägt. In die Dottermasse Wasser und Öl langsam einfließen lassen, während man langsam weiter rührt. Mehl mit Backpulver, Vanillezucker versieben, Zitronenzester zufügen und danach abwechseln Einschnee und die trockenen vermengten Zutaten unterheben. Die Masse halbieren und in eine Hälfte zerlassenen Schokolade einrühren. Bei 170°C Ober-und Unterhitze ca. 40-50 Minuten (je nach Backrohr) backen (Stäbchenprobe!)
SONNTAGSKUCHEN gibt es aber mittlerweile dennoch, aber den genießen wir dann, so wie diesen klassischen Marmorkuchen nachmittags zum Kaffee (ohne Schlagobers 😉), und den gerne auch mal während der Woche 💛
Ja, liebe Claudi, so war das auch bei uns. Marmorkuchen am Sonntag. Mami und ich haben den immer gebacken. Wir waren 4 Mädls zuhause. Es war immer was los. Sonntags gemeinsam frühstücken war immer schön und ich denke gerne zurück…… Traurig zu lesen, was dir widerfahren ist und ich kann dich verstehen, dass diese Tradition für dich keine Zukunft hatte. Ich habe diese Tradition nicht regelmäßig geführt als ich zu meinem Freund und heutigem Ehemann zog, denn sein Papa ist/war Konditor. Es gab am Wochenende immer Zwetschgenkuchen oder Apfelkuchen. Als wir beide dann aus seinem Elterlichen Haus auszogen war Kuchen am Wochenende erstmal genug. Es gab nur noch ab und zu Kuchen. Heute genieße ich das wieder, wenn ich selbst Kuchen backe und einen frisch gebrühten Kaffee dazu trinke. Zu groß ist heute die Vielfalt. Aber….. KUCHEN ist gut für Leib und Seele 💞 in diesem Sinne liebe Claudi wünsche ich gutes Gelingen bei alledem was du tust. Und sobald du deine eigenen Küchenschürzen verkaufst, dann denk an mich🥳💕🥰😘
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Das hat du wirklich auch wunderbar geschrieben, ich kann auch gut verstehen, dass es auch mal „gut ist“ mit Kuchen 😉 Und ja, ich denke auch, dass derzeit von allem viel zu viel da ist.
Dass ich zwischen 13 und 17 „live“ (und doch hinter verschlossener Tür) das Ende der Ehe meiner Eltern miterlebt hab, hat mein Leben stark geprägt, mich aber auch viel aushalten lassen später .
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Es hat mir gerade ein bisschen das Herz zerrissen! 🥺💔
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Und mir wurde das eigentlich erst beim Schreiben bewusst.. warum ich so lange nicht backen wollte (hatte früher meiner Mama immer geholfen) und warum Kuchen für mich so lange keinen Wert hatte… Wenn du das Ende der Ehe deiner Eltern zwischen 13 und 17 live und „alt genug“ miterlebst, ist es mit das Schlimmste, was einem „Kind“ passieren kann …
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Das glaube ich sofort! Aber gut, das Muster zu erkennen und so vielleicht hinter Dir lassen zu können! Sende Dir eine dicke Umarmung! 😘
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